Erhebliche Ausweitung der Meldeverpflichtungen nach der Zoonosen-Verordnung geplant
Die Verordnung mit lebensmittelrechtlichen Vorschriften zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern (ZoonoseV) regelt die von Lebensmittelunternehmern zu ergreifenden Maßnahmen zur frühzeitigen Erfassung von Zoonosen und Zoonoseerregern.
§ 3 Abs. 1 der ZoonoseV in der aktuellen Fassung sieht vor, dass Lebensmittelunternehmer, die im Rahmen von Kontrollen nach der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 oder anderen betriebseigenen Kontrollen Lebensmittel auf Zoonoseerreger untersuchen, zum Zwecke der Durchführung von weitergehenden Untersuchungen Rückstellproben des Probenmaterials anzufertigen haben und bis zum Vorliegen des Ergebnisses der Untersuchungen in geeigneter Weise aufbewahren müssen.
Ergänzend hierzu sieht § 3 Abs. 2 ZoonoseV vor, dass der Unternehmer in den Fällen, in denen ein Nachweis von Zoonoseerregern erfolgt, das Untersuchungsergebnis der Analysen den zuständigen Behörden mitteilen muss.
Mit der Bundesratsdrucksache 157/20 wurde am 30.03.2020 der Entwurf einer Vierten Verordnung zur Änderung von Vorschriften zur Durchführung des gemeinschaftlichen Hygienerechts an den Bundesrat weitergeleitet, der auch eine Anpassung der ZoonoseV vorsieht. Danach sollte die Meldepflicht nach § 3 Abs. 2 ZoonoseV dahingehend konkretisiert werden, dass die Meldung der Untersuchungsergebnisse binnen 24 Stunden nach deren Kenntnisnahme an die zuständige Behörde erfolgt sein muss.
Der Entwurf der Änderungsverordnung wurde zwischenzeitlich an den Bundesrat zur Zustimmung übermittelt, der nunmehr in seiner 989. Sitzung am 15.05.2020 dem Entwurf unter Vorbehalt einiger Änderungen zugestimmt hat. Die vom Bundesrat geforderten Änderungen führen zu einer erheblichen Ausweitung der Meldepflichten für Lebensmittelunternehmer.
Während die Meldepflicht bisher ausschließlich auf Fälle begrenzt waren, in denen Lebensmittel auf Zoonoseerreger untersucht wurden, soll künftig auch dann eine Meldepflicht bestehen, wenn
- Produktreste von Lebensmitteln oder Schmierwasser in der Käseherstellung auf Listeria monocytogenes kontrolliert werden oder sonstige Kontrollen bei der Herstellung und Bearbeitung von verzehrfertigen Lebensmitteln auf Listeria monocytogenes erfolgen,
- Umfelduntersuchungen zur Prüfung des Reinigungs- und Desinfektionserfolges, insbesondere von Arbeitsflächen, Rohrleitungssystemen oder Transportbehältnissen, die mit verzehrfertigen Lebensmitteln in Berührung kommen können, auf Listeria monocytogenes erfolgen.
Diese erhebliche Ausweitung wird mit den Erfahrungen aus der Bewältigung der jüngsten, auf Infektion mit Listeria monocytogenes beruhenden lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen begründet. Umgebungsuntersuchungen könnten zu einer frühzeitigen Erkennung einer Listerien-Problematik in Betrieben und damit zu einer schnelleren Aufklärung von lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen beitragen. Daher sei das Augenmerk auf Betriebe zu richten, die solche verzehrfertigen Lebensmittel herstellen, die die Vermehrung von Listeria monocytogenes begünstigen können.
Die ursprünglich in dem Entwurf vorgesehene 24 Stunden-Frist zur Mitteilung von Positivbefunden an die zuständige Behörde wird von dem Bundesrat hingegen nicht befürwortet. Stattdessen soll die Mitteilung „unverzüglich“ erfolgen.
Sofern die Änderungswünsche des Bundesrates umgesetzt werden, lautet der neue Text des § 3 Abs. 1 und 2 ZoonoseV wie folgt:
„(1) Wer im Rahmen von Kontrollen nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 338 S. 1) oder anderen betriebseigenen Kontrollen Untersuchungen durchführt
- von Lebensmitteln auf Zoonoseerreger,
- von Produktresten von Lebensmitteln oder Schmierwasser in der Käseherstellung bei der Herstellung und Bearbeitung von verzehrfertigen Lebensmitteln auf Listeria monocytogenes,
- nach Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 einschließlich Untersuchungen zur Prüfung des Reinigungs- und Desinfektionserfolgs insbesondere von Arbeitsflächen, Rohrleitungssystemen oder Transportbehältnissen, die mit verzehrfertigen Lebensmitteln nach Artikel 2 Buchstabe g der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 in Berührung kommen können, auf Listeria monocytogenes,
hat zum Zweck der Durchführung von weitergehenden Untersuchungen Rückstellproben des Probenmaterials soweit möglich anzufertigen und bis zum Vorliegen des Ergebnisses der Untersuchungen in geeigneter Weise aufzubewahren.
(2) Wer durch Untersuchungen nach Absatz 1 Zoonoseerreger nachgewiesen hat, hat
- das Untersuchungsergebnis unverzüglich nach Kenntnisnahme der zuständigen Behörde mitzuteilen,
- Isolate der nachgewiesenen Zoonoseerreger herzustellen und
- die Rückstellproben des Probenmaterials und die Isolate
a) während eines von der zuständigen Behörde festzusetzenden Zeitraumes, jedoch nicht länger als drei Monate, in geeigneter Weise aufzubewahren und
b) der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen und auszuhändigen.“
Darüber hinaus wird in § 4 ZoonoseV ein neuer Bußgeldtatbestand aufgenommen, demzufolge eine unterbliebene, nicht rechtzeitige und/oder nicht richtige Meldung an die zuständigen Behörden künftig mit einer Geldbuße bis zu 50.000 € geahndet werden soll.
Die Änderungsverordnung wurde noch nicht veröffentlicht. Wir werden Sie zu geeigneter Zeit darüber informieren, wenn die Verkündung der Verordnung erfolgt.
Angesichts der zu erwartenden Ausweitung der Meldepflichten ist Lebensmittelunternehmern dringend dazu zu raten, sich nicht nur auf die neuen Meldepflichten einzustellen, sondern sich auch verstärkt mit den eigenen Analyseergebnissen auseinanderzusetzen und auch in Fällen, in denen diese zwar trotz eines Nachweises von Listeria monocytogenes grundsätzlich als befriedigend anzusehen sind, weitere Bekämpfungsmaßnahmen zu ergreifen. Denn wie die Praxis lehrt, dienen die im Rahmen der vorgenannten Meldepflicht übermittelten Informationen nicht selten als Ermittlungsansatz für weitergehende behördliche Maßnahmen.
Redaktion: Dr. Clemens Comans