Einzelne Bundesländer, z.B. Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg, haben als Reaktion auf Corona-Ausbrüche in Schlacht- und Zerlegebetrieben Testverpflichtungen für Mitarbeiter in solchen Betrieben eingeführt.

Mit Beschluss vom 30.07.2020 (Az.: 1 S 2087/20) hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die uneingeschränkte Pflicht, Schlachthofmitarbeiter zweimal pro Woche auf das Corona-Virus zu testen, als unverhältnismäßig beurteilt und die zugehörige Verordnung mit Wirkung zum 10.08.2020 vorläufig außer Kraft gesetzt. Die Testpflicht ergibt sich aus § 4 Abs. 2 der Corona-Verordnung Schlachtbetriebe und Fleischverarbeitung. Danach müssen sich die Mitarbeiter von Schlachtbetrieben und Betrieben der Fleischverarbeitung zweimal pro Woche auf das Corona-Virus testen lassen, sofern sie nicht das Vorliegen von IgG-Antikörpern nachweisen können, die als Nachweis einer Immunität bewertet werden.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist noch unveröffentlicht. Der Pressemitteilung ist jedoch zu entnehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof eine Regelung zur Reihentestung als Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 IfSG beurteilt und auch als geeignetes Mittel einordnet. Zwar rate das Robert-Koch-Institut grundsätzlich von ungezielten Testungen asymptomatischer Personen ab, eine Ausnahme gelte jedoch für Einrichtungen mit besonderen Infektionsgefahren. Hierzu seien Schlachtbetriebe zu zählen. Zur Begründung verweist der Verwaltungsgerichtshof auf die Zahl der dort tätigen Personen, die aus lebensmittelhygienischen Gründen gebotene Absenkung der Temperatur in den Betriebsstätten, die Schwere der körperlichen Arbeit, die zu einem erhöhten Aerosol-Ausstoß führe, die hohe Fluktuation der vielfach durch Subunternehmen gestellten Mitarbeiter sowie teilweise zusätzlich deren Unterbringung in Sammelunterkünften.

Eine starre und einzelfallunabhängige Pflicht zur Testung sei allerdings unverhältnismäßig, da es möglich sei, dass Betrieben der Nachweis gelinge, dass in ihrem Fall ein spezifisches Hygienekonzept vorliege, das es erlaubt, auf eine anlasslose, zweimal wöchentliche Testung zu verzichten. Der Verwaltungsgerichtshof betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung des betrieblichen Hygienekonzeptes, das ein Mindestmaß an anlasslosen Testungen bspw. für Urlaubsrückkehrer vorsehen müsse. Auch die baulichen und sonstigen Bedingungen im Betrieb seien zu berücksichtigen.

Aus diesem Grund wurde die Pflicht zur Testung aller Beschäftigten zweimal pro Woche ab dem 10.08.2020 vorläufig außer Vollzug gesetzt. Zugleich hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auch entschieden, dass die in § 4 Abs. 3 der Corona-Verordnung Schlachtbetriebe und Fleischverarbeitung getroffene Kostenregelung, nach der der Schlachthofbetreiber die Kosten für die Untersuchungen zu tragen habe, rechtmäßig sei.

Abzuwarten bleibt, ob sich die Gerichte in anderen Bundesländern dieser Entscheidung anschließen und wann die einzelnen Bundesländer den Beschluss zum Anlass nehmen, die eigenen Vorgaben auf den Prüfstand zu stellen und ggf. zu überarbeiten. In jedem Fall zeigt der Beschluss, dass ein Rechtsbehelf gegen die entsprechenden Vorgaben Aussicht auf Erfolg hat, sofern im Betrieb ein geeignetes Hygienekonzept vorliegt.

 

Redaktion: Christian Weigel