Am 09. und 10.06.2020 wurden im Amtsblatt der EU zwei Änderungsverordnungen bekannt gemacht, die zu praxisrelevanten Änderungen im Bereich des tierischen Nebenprodukterecht führen.

Versendung und Rückverfolgbarkeit von Fischölen und Fischmehlen zwecks Entgiftung

Mit der Verordnung (EU) 2020/757 werden spezifische Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit und die Versendung von aus Material der Kategorie 3 gewonnenen Fischölen und Fischmehlen eingeführt, die zur Herstellung von Futtermittelausgangserzeugnissen bestimmt sind und zwecks Entgiftung in einen zugelassenen Futtermittelbetrieb in einem anderen Mitgliedstaat verbracht werden sollen.

Durch die Verordnung wird im Anhang VIII der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 ein neues Kapitel VII eingeführt. Sofern Unternehmer die genannten Materialien künftig versenden wollen, müssen diese zunächst bei den zuständigen Behörden des Bestimmungsortes die Annahme der Sendung beantragen. Im Anschluss entscheidet die Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates, ob die Sendung angenommen wird. Ist dies der Fall, erhält der Unternehmer den der Behörde im Bestimmungsmitgliedstaat ausgefüllten Antrag zurück und es kann eine Versendung erfolgen. Parallel hierzu muss die zuständige Behörde des Ursprungsmitgliedstaates die zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaates über das Traces System über jede Sendung informieren.

Von dem Versand zwecks Entgiftung sind jedoch solche aus Material der Kategorie 3 gewonnenen Fischöle und Fischmehle ausgeschlossen, bei denen im Rahmen amtlicher Kontrollen ein zu hoher Gehalt an Dioxin und/oder polychlorierten Biphenylen (PCB) festgestellt wurde.

Die Änderungen werden ab dem 29.06.2020 wirksam.

Mikrobiologische Kriterien für rohes Heimtierfutter, Meldepflichten und weitere Änderungen

Mit der Verordnung (EU) 2020/762 erfolgen weitere Anpassungen der Verordnung (EU) Nr. 142/2011.

Besonders erwähnenswert ist die Anpassung der mikrobiologischen Parameter für rohes Heimtierfutter, die in Hinsicht auf Enterobacteriaceae gelockert werden. Während für Enterobacteriaceae bisher ein Schwellenwert von 10 KbE/g gegolten hat, gilt künftig ein Schwellenwert von 500 KbE/g. Der Schwellenwert wurde mithin um das 50-fache angehoben.

Darüber hinaus wurde das mikrobiologische Kriterium Enterobacteriaceae zum Prozesshygienekriterium erhoben und eine neue Definition hierfür eingeführt. Die neue Definition des Prozesshygienekriteriums findet sich künftig in Anhang I Nr. 60 der Verordnung (EU) Nr. 142/2011. Danach handelt es sich bei einem Prozesshygienekriterium um ein Kriterium, das die akzeptable Funktionsweise des Herstellungsprozesses angibt. Ein solches Kriterium gilt nicht für im Handel befindliche Erzeugnisse. Mit ihm wird ein Richtwert für die Kontamination festgelegt, bei dessen Überschreitung Korrekturmaßnahmen erforderlich sind, damit die Prozesshygiene in Übereinstimmung mit den allgemeinen Anforderungen an die Sicherheit der Futtermittel erhalten wird.

Von erheblicher praktischer Relevanz wird künftig auch die neu eingeführte Meldepflicht für Unternehmer bei der Nichteinhaltung der Sicherheits- und Prozesshygienekriterien sein. Künftig müssen Hersteller von rohem Heimtierfutter

  • die Nichteinhaltung und, sofern bereits ermittelt, deren Ursache,
  • die durchgeführten Abhilfemaßnahmen und
  • die Ergebnisse der Kontrollmaßnahmen

der zuständigen Behörde melden. Sofern diese nicht davon überzeugt ist, dass alle erforderlichen Korrekturmaßnahmen getroffen wurden, kann diese dem Hersteller zusätzliche Maßnahmen auferlegen, beispielsweise die Anbringung weiterer Kennzeichnungselemente oder die mikrobiologische Untersuchung weiterer Proben.

Weitere Änderungen betreffen insbesondere

  • die Definition neuer chemischer Methoden in zugelassenen Schlachthöfen  gem. der Verordnung (EG) Nr. 853/2004, die nicht als normale oder alternative Verarbeitungsmethoden i. S. d. der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 gelistet sind, aber der Konservierung und besseren Handhabung von tierischen Nebenprodukten dienen,
  • Anpassungen der Anforderungen an Jagdtrophäen und andere Tierpräparate,
  • diverse redaktionelle Änderungen,
  • Ausfuhrbestimmungen für Blut, Blutprodukte und Zwischenerzeugnisse sowie
  • erweiterte Kennzeichnungsanforderungen für rohes Heimtierfutter. Anstelle der bisherigen Angabe „nur als Heimtierfutter“ muss während der Beförderung und Lagerung von rohem Heimtierfutter auf einem an der Verpackung, dem Behälter oder dem Fahrzeug befestigten Etikett künftig die Angabe „Nur als Heimtierfutter. Von Lebensmitteln fernhalten. Hände und Werkzeuge, Utensilien und Oberflächen nach der Handhabung dieses Produkts waschen“ verwendet werden.

Die Neuregelungen gelten ab dem 30.06.2020.

Betroffene Unternehmen sollten sich mit den Neuerungen zeitnah auseinandersetzen und ihre Prozesse entsprechend anpassen. Insbesondere Hersteller von rohem Heimtierfutter müssen die neuen Kennzeichnungsvorgaben für rohes Heimtierfutter fristgerecht umsetzen und künftig darauf achten, dass der neu eingeführten Meldepflicht Folge geleistet wird, um Beanstandungen oder beispielsweise Bußgelder zu vermeiden.

 

Redaktion: Dr. Clemens Comans